Herbstliche Nostalgie

Diese Autorin heißt Perrine Tripier. Sie schreibt so gut. Ihre Sprache ist sehr sinnlich. Wenn man sie liest, riecht man die Gerüche, hört man die Geräusche, sieht man die Farben- Ihre Romane sind noch nicht ins Englische oder Deutsche übersetzt worden. In diesem Blog und im Podcast stelle ich Euch ihren ersten Roman vor, der letztes Jahr erschienen ist, als sie erst 24 Jahre alt war!

In diesem Roman zieht eine ältere Dame den Faden ihrer Erinnerungen und ihrer Existenz in vier Jahreszeiten durch das Prisma eines lebendigen Hauses, in dem die Erinnerung verzerrt wird. Es gibt einen fantastischen Teil der Erinnerungen, die sie heraufbeschwört. Es gibt Allegorien, die ihre Vorstellungskraft bevölkern: das Haus, die vier Jahreszeiten sind ebenfalls eigenständige Charaktere. Die Beziehung der Ich-Erzählerin zu den Jahreszeiten ändert sich im Laufe der Zeit. Sie legt ein Stück ihrer Seele in diese Jahreszeiten.

AUSZUG

Ich würde gerne wiedergeboren werden, ohne Schmerz, ohne Bitterkeit, fast ohne Erinnerung an das, was ich vorher war. Vielleicht hätte ich ein neues Zuhause, das ich in Ehren halten könnte, neue Brüder und Schwestern, mit denen ich durch das seidige Gras laufen könnte. Ich würde wieder spüren, wie das Wasser über meine etwas zu kühlen Hände fließt, um sie vor dem Essen zu waschen, ich würde die Gabel in das zarte Fleisch eines Gemüses stecken und meine Zunge würde einen Strom von Geschmäckern begrüßen. An Regentagen würde ich den Tropfen auf der Fensterscheibe folgen. Ich würde neue Kleidung anziehen und auf meiner jungen Haut das Reiben von Stoff spüren, der nach Waschmittel riecht.

Vielleicht würde ich als Bär wiedergeboren werden, oder als Fuchs, als etwas, das im Wald lebt und nur die Wälder kennt. Dann würde ich mein ganzes Leben lang auf uralten Pfaden zwischen den Bäumen wandeln, die mich, ohne dass ich genau wüsste, wie, zu dicken Flüssen führen würden, die sehnsuchtsvoll fließen. Dort würde ich mich bücken, um das Bergwasser zu trinken, das klare Quellwasser, das in der Sonne zittert. Ich hätte volles Vertrauen in meine kräftigen Pfoten, die im frischen Gras stecken, volles Vertrauen in den Lauf der Welt, in die vollkommene Unwissenheit über das Ende der Dinge.

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